Begrüßung
Ingo Seidel 2

 

Zucht ancistriner Harnischwelse
Ein Dia-Vortrag von Ingo Seidel

Verwendung mit freundlicher Genehmigung von

Herrn Ingo Seidel.

 

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Bild 17: Bezahnung Leporacanthicus sp.

Die Formel "Harnischwels mit Saugmaul = guter  Algenfresser" geht jedoch nicht immer auf. Inzwischen kennt man auch eine  ganze Reihe von Harnischwelsen, wie z.B. dieser Rüsselzahnwels Leporacanthicus galaxias, die zwar ein Saugmaul besitzen, deren Bezahnung  jedoch für das Abschaben von Algenpolstern nicht geeignet ist. Diese Arten  haben zumeist eine stark reduzierte Kieferbezahnung und sind auf ganz anderes Futter (z.B. Detritus, Insektenlarven oder Mollusken)  spezialisiert.

Bild 18: Gelege von
Lasiancistrus  heteracanthus

Wie ich bereits sagte, handelt es sich bei ancistrinen Harnischwelsen um Höhlenbrüter. Je nachdem auf welchem Substrat die Tiere in der Natur leben, suchen sie sich zumeist Löcher oder Spalten in Holz oder Stein als Bruthöhle aus. Hier wurde ein ausgehöhlter Baumstamm als  Bruthöhle genutzt. Das zu sehende große Gelege stammt von einem  Lasiancistrus heteracanthus aus dem Rio San Alejandro in Ost-Peru. Das  brutpflege Männchen fiel beim Hochheben des Baumstammes heraus.

Bild 19: Verschiedene Laichhöhlen

Im Aquarium lassen sich die Tiere leicht an alternative  Laichhöhlen gewöhnen. Die obligatorische Kokosnußschale oder der  umgedrehte Blumentopf sind jedoch nur für wenige genügsame Arten  ausreichend. Im Handel gibt es schon diverse Lösungen, vorallem  Baumstammimitate aus Ton oder Keramik eignen sich durchaus. Da jedoch eine Laichhöhle auf die Größe der Zuchttiere zugeschnitten sein sollte,  empfiehlt es sich, diese aus Ton oder Schiefer selbst anzufertigen. Selbstgebastelte Höhlen können zumeist in einer Töpferei gegen einen geringen Betrag gebrannt werden. Es lassen sich jedoch auch von den Fischen sehr gut akzeptierte Höhlen aus Dachschiefer herstellen, der mit  einer Trennscheibe geschnitten und mit Silikon (bevorzugt schwarz)  verklebt werden kann.

Bild 20: Höhle mit seitlichem Eingang

Einige Harnischwelse bevorzugen Laichhöhlen mit  seitlichem Eingang. Diese sollten jedoch vorsichtshalber recht lang gebaut  sein und eine große Öffnung besitzen, damit die Fische bequem hinein- und  hinausschwimmen können. Gerade bei diesen Höhlen ist es wichtig, daß die Höhle mit den Fischen mitwächst. Ansonsten kann es nämlich irgendwann einmal vorkommen, daß der Fisch zwar hinein-, aber nicht wieder  selbständig herauskommen kann.

Bild 21: Löcher in der Uferböschung

Bis vor einigen Jahren nahm man an, daß Höhlen in der  Uferböschung lediglich von einigen Schilderwelsen der Unterfamilie Hypostominae als Laichhöhle genutzt werden. Mittlerweile ist jedoch dieses auch von einzelnen Ancistrinen bekannt. So soll sich z.B.auch Leporacanthicus triactis in Röhren in der Uferböschung vermehren. Da es nahezu unmöglich ist, solchen Tieren auch im Aquarium ähnliche  Ablaichmöglichkeiten zu verschaffen, muß versucht werden, ihnen durch das  Einbringen von großen Tonröhren Ersatz zu schaffen.

Bild 22: Ancistrus sp. (L110/L157)

Die Gattung Ancistrus ist mit ca. 55 beschriebenen Arten  die größte innerhalb der Unterfamilie Ancistrinae. Gattungstypisch sind  die vielen tentakelartigen Auswüchse im vorderen Bereich des Kopfes und an  den Kopfrändern der Männchen, die wir sonst bei keiner anderen Harnischwelsgattung finden. Bei den Weibchen fehlen diese Auswüchse völlig oder sind auf die Kopfränder beschränkt. Obwohl der Name eigentlich schon  für eine andere südamerikanische Welsfamilie vergeben worden ist, werden die Ancistrus-Arten wegen ihres Kopfschmuckes im männlichen Geschlecht auch als Antennenwelse bezeichnet.

Bild 23: Ancistrus sp.

Ohne genaue Fundortangabe lassen sich nur die wenigsten  Arten eindeutig bestimmen. So sind auch die in der Literatur verwendeten Artbezeichnungen äußerst fragwürdig. Die hier gezeigte Art wird zumeist als blauer Antennenwels oder Ancistrus dolichopterus bezeichnet. Es ist jedoch anzunehmen, daß unter dieser Bezeichnung verschiedene, einander ähnliche Arten gehandelt werden und es sicherlich auch schon zu Kreuzungen gekommen ist. Bei diesem Exemplar handelt es sich um ein Wildfangmännchen  mit einem Kopfschmuck, wie man ihn bei den schon über viele Generationen hinweg gepflegten Aquarienstämmen kaum noch zu sehen bekommt.

Bild 24: Ancistrus sp. mit Gelege

Man kann bei diesen Welsen schon fast nicht mehr von leichter Züchtbarkeit sprechen. In einem Aquarium, in dem sich geeignete Unterschlupfmöglichkeiten für das Männchen befinden, läßt sich die Vermehrung eigentlich kaum noch verhindern. Bei der Auswahl ihrer Bruthöhlen sind diese Antennenwelse wirklich nicht sehr wählerisch, ein Blumentopf aus Ton oder eine halbierte Kokosnußschale, aus denen man als  Einschwimm-Öffnung zuvor ein Stück herausgebrochen hat, reichen bereits völlig aus. Bis zu 200 gelbe Eier werden als Traube vom Weibchen an die  Höhlendecke geklebt. Das Männchen bewacht das Gelege und auch die daraus schlüpfenden Jungfische noch eine ganze Weile alleine. Erst nach dem Aufzehren des Dottersacks verlassen diese die schützende Behausung und  verteilen sich im gesamten Aquarium. Selbst im stark besetzten  Gesellschaftsbecken kommen trotz der vielen Feinde auch ohne besonderes Zutun des Pflegers zumeist einige Jungfische durch, die sich von Aufwuchs und Futterresten ernähren. Wem das nicht genügt, der sollte die Jungfische  allerdings vor dem Verlassen der Bruthöhle absaugen oder die Tiere im Artbecken pflegen.

Bild 25: Albino-Ancistrus

Wie bei vielen anderen sehr häufig gezüchteten Aquarienfischen war es auch beim blauen Antennenwels nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Mutationen zustande kommen sollten. Auch bei diesem Fisch war die erste herausgezüchtete Farbvariante ein Albino. Mittlerweile kennen wir zwei verschiedene Albino-Antennenwelse, einen rein gelblichen  und einen gelben mit weißem Zeichnungsmuster, was ebenfalls ein Indiz  dafür ist, daß unter der Bezeichnung "blauer" Antennenwels mehrere ähnliche Ancistrus-Arten gehandelt werden. Kreuzt man diese beiden Albinos  miteinander, so erlebt man eine böse Überraschung: alle Jungfische sind  wildfarbig gefärbt. Ansonsten sind die Albinos aber genauso leicht  züchtbar wie die Wildform.

Bild 26: Schildpatt-Ancistrus

Auch eine gescheckte Mutante dieses Antennenwelses konnte mittlerweile herausgezüchtet werden, die auch als Schildpatt-Ancitrus  bezeichnet wird. Bei dieser Farbform sind vorallem die Jungfische recht  attraktiv gefärbt. Sie sind fast zu gleichen Teilen gelborange und braun  gescheckt. Mit zunehmenden Alter verlieren sie jedoch leider stark an Attraktivität und werden immer dunkler.

Bild 27: Gelber  Schwarzaugen-Ancistrus
(L144?)

Obwohl es auch einen gelben Ancistrus mit schwarzen Augen  aus Paraguay gibt, existiert zusätzlich noch eine schwarzäugige Variante des "blauen" Antennenwelses, die sehr hübsch ist. Die Tiere sind  wesentlich hübscher gefärbt als die albinotischen Antenenwelse. Ihre Grundfärbung kann, wie hier sichtbar, ein sattes orangegelb sein. Es  werden aufgrund der wirklichen Massen an Nachzuchten wohl auch in Zukunft noch einige weitere Mutationen herausgezüchtet werden. Über den Sinn und  Zweck solcher Züchtungen kann man sicherlich geteilter Meinung sein. Solange die Lebensfähigkeit der Tiere dadurch nicht eingeschränkt wird,  kann man dieses sicherlich tolerieren. Es bleibt jedoch zu hoffen, daß uns  der Schleier-Ancistrus erspart bleibt.

Bild 28: Ancistrus sp. (LDA8)

Die Brutbiologie der Ancistrus-Arten möchte ich anhand einer sehr hübschen kleinen Art demonstrieren. Unter der Bezeichnung LDA8 wurde im März 1993 eine Ancistrus-Art vorgestellt, die aufgrund ihres attraktiven Wurmlinienmusters und der geringen Endgröße aquaristisch sehr interessant zu sein schien. Nur ca. 8 cm Länge erreichen die Weibchen, die Männchen bleiben sogar noch etwas kleiner. Je nach Stimmung kann die  Färbung der gewundenen Linien recht unscheinbar bis fast goldgelb  erscheinen. Der genaue Fundort dieser Art ist unbekannt. Sie soll jedoch aus dem Matto-Grosso-Gebiet in Brasilien stammen. Man benötigt für die Pflege und Zucht dieser Art keine riesigen Aquarien. Ein Aquarium mit etwa 100 Liter Inhalt reicht in etwa aus. Die Zucht ist auch in Leitungswasser möglich.

Bild 29: Gelege von LDA8

Ancistrus-Eier werden in einer fest zusammenklebenden  Traube abgelegt. Sie sind in der Regel gelblich und relativ groß. Es scheint so, daß kleinere Arten wie LDA8 wesentlich größere Eier hervorbringen als die großen Arten. Dafür ist die Anzahl jedoch äußerst  gering (bei LDA besteht ein Gelege in der Regel nur aus 20-35 Eiern),  während die Riesen unter den Ancistrus mehrere Hundert Eier produzieren können. Dem Gelege wird ständig vom Vater durch Fächeln mit den paarigen  Flossen Frischwasser zugeführt. Abgestorbene Eier werden von ihm aus dem Gelege entfernt.

Bild 30: Jungfisch von LDA8
mit  Dottersack

Nach 5 bis 7 Tagen schlüpfen die Jungfische und besitzen zunächst noch einen riesigen Dottersack. Da sie so außerhalb der Höhle ziemlich schutzlos den Freßfeinden ausgeliefert wären, verbleiben sie bis zum Aufzehren des Dottersackes beim Vater. Es handelt sich bei ihnen also um "Nesthocker".

Bild 31: 3 Tage alter LDA8-Jungfisch

Drei Tage später hat sich der Dottersack schon deutlich  verkleinert. Der Jungfisch hat stark an Länge zugenommen. Der Körper zeigt nun eine flächig hellbraune Pigmentierung. Auch in diesem Alter sitzen die  Jungfische noch in einem dichten Pulk zusammen. Es sind wahre  Energiebündel, die ständig in Bewegung sind.

Bild 32: 1 Woche alter LDA8-Jungfisch

Nach spätestens einer Woche ist der Dottersack aufgezehrt und die Jungfische verlassen die Höhle. Von nun an sind sie auf sich allein gestellt und gehen sofort auf Futtersuche. Sie können mit kleinerem  Lebendfutter, wie etwa den Nauplien des Salinenkrebschens, Trocken- und  Grünfutter aufgezogen werden. Es muß auf eine gleichbleibend gute Wasserqualität geachtet werden, da die Kleinen ansonsten nur sehr schlecht  heranwachsen oder gar mit Verlusten gerechnet werden muß.

Bild 33: Aufzuchtbecken für Jungfische

Wesentlich besser als in einem gesonderten Aquarium  können die Jungfische in Einhängebecken mit seitlichen Löchern oder Ritzen  aufgezogen werden. Hier ist es ein selbstgefertigter Glas-Behälter mit  Seitenwänden aus Gaze, die den Vorteil haben, daß zwar Wasser hinein aber keine Futtertiere hinauskommen. Zieht man die Jungfische für sich alleine  in einem Becken auf, so besteht entweder die Gefahr, daß sie nicht genügend Futter finden, da die Dichte des Futters nicht sehr hoch ist, oder man füttert zuviel und verdirbt dadurch das Wasser. In kleinen Einhängekästen, die man am besten in große und gut gefilterte Aquarien einhängt, kann man konzentrierter Füttern und die Wasserqualität ist  besser.

Bild 34: Jungfische beim Fressen

Gefüttert werden können Ancistrus-Jungfische mit Futtertabletten, Salinenkrebs-Nauplien und Grünfutter. Hier empfehlen sich  vor allem gefrosteter oder kurz überbrühter Salat, Spinat oder Rosenkohl.  Nicht so vorbereitete Gemüse sind in der Regel etwas zu hart und können von den Jungfischen zumeist erst nach 1-2 Tagen gefressen werden. Man  sollte die Fische nach Möglickeit so lange wie möglich im gleichen Wasser pflegen und erst ab einer Größe von etwa 2,5 cm in anderes Wasser umsetzen. Regelmäßig (1-2 Mal am Tag) sollte der Kot der Jungfische abgesaugt werden. Einige eingesetzte Schnecken beseitigen überschüssige  Futterreste. Es sollte aber sowieso (vor allem bei Salinenkrebsen) lieber sparsam und dafür häufiger gefüttert werden.

Bild 35: Größere Jungfische

Ab einer Größe von etwa 2-2,5 cm können die Jungfische dann in größere Behältnisse umgesiedelt werden. Sie sind jetzt bereits wesentlich kräftiger, so daß nicht mehr die Gefahr besteht, daß sie bei sparsamer Fütterung sofort verhungern. Die Fische haben zwar nun wesentlich mehr Schwimmraum. Die Wasserverhältnisse sind dafür aber wesentlich ungünstiger als zuvor, da gut gefilterte, größere Becken natürlich wesentlich stabilere Wasserwerte haben. Besonders bei der  Fütterung muß man nun vorsichtig vorgehen. Einige Futtertabletten zerfallen und trüben das Wasser sehr stark. Die meisten Futtertabletten mit hohem Plankton- oder Spirulinaanteil zersetzen sich dagegen wesentlich langsamer. Sie belasten das Wasser nicht so stark und können als  Langzeitfutter benutzt werden.

Bild 36: Ancistrus sp. (L89)

Auf den ersten Blick könnte man denken, man habe es auch bei diesem Fisch mit dem "blauen" Antennenwels zu tun. Bei näherer  Betrachtung fallen jedoch einige Unterschiede auf. So besitzen die Tiere  einen rötlichen Schwanzflossensaum, der auch den adulten Tieren erhalten bleibt. Da die Musterung bei diesem Ancistrus wesentlich kontrastreicher sein kann, wird er auch als Netzmuster-Antennenwels oder L89 bezeichnet. Leider zeigt der Wels nicht immer seine Prachtfärbung und wird deswegen  oft mit dem "blauen" Antennenwels verwechselt.

 

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