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Ingo Seidel 1

 

Zucht ancistriner Harnischwelse
Ein Dia-Vortrag von Ingo Seidel

Verwendung mit freundlicher Genehmigung von

Herrn  Ingo Seidel.

 

 

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Bild 1: Peckoltia sp. (L134)

Die Familie der Harnischwelse (Loricariidae) ist morphologisch sicherlich eine der mannigfaltigsten Süßwasserfisch-Familien. Mit ihren mehr als 70 verschiedenen Gattungen und  über 600 beschriebenen Arten ist sie die größte Familie neotropischer Welse, die in ihrer Artenzahl nur noch durch die Familien Characidae (Salmler), Cichlidae (Buntbarsche) und Cyprinidae (Barbenartige)  übertroffen wird. Im Gegensatz zu diesen Fisch-Familien ist die Verbreitung der Harnischwelse jedoch auf den mittel- und südamerikanischen  Kontinent beschränkt.

Bild 2: Kaktuswels

Man kann sich vorstellen, daß es im Rahmen eines Vortrages nahezu unmöglich ist, diese Familie umfassend zu beleuchten. Und so habe ich mir für diesen Vortrag eine Gruppe innerhalb der großen  Familie der Harnischwelse herausgesucht, über die ich heute referieren möchte.
Die Loricariiden lassen sich nach dem neuesten taxonomischen  Stand, der von den meisten Wissenschaftlern anerkannt wird, in die fünf Unterfamilien Ancistrinae (Ancistrus-Verwandte), Hypoptopomatinae (Ohrgitterharnischwelse), Hypostominae (Schilderwelse) , Loricariinae  (Hexen-, Nadel- und Störwelse) und Neoplecostominae unterteilen, wobei letztere aquaristisch so gut wie unbekannt ist.

Bild 3: Ancistrus sp. aus dem
Rio Pozuzo in  Peru

Die ancistrinen Harnischwelse, also die Loricariiden aus der Ancistrus-Verwandtschaft, sollen das Thema dieses Vortrages sein. Und  im speziellen soll es um die Zucht ancistriner Harnischwelse gehen, mit der ich mich nun schon seit einigen Jahren beschäftige. Zunächst einmal möchte ich jedoch erklären, woran man einen Vertreter der Unterfamilie Ancistrinae überhaupt erkennt.

Bild 4: Hakenstacheln eines Ancistrus

Der Name der Unterfamilie leitet sich vom griechischen "agchistron" oder "agkhistron" ab und bedeutet soviel wie "Widerhaken".  Und das ist auch das Erkennungszeichen ancistriner Harnischwelse. Die Vertreter dieser Unterfamilie besitzen fast alle einen beweglichen und  ausstülpbaren Zwischenkiemendeckel, das sogenannte Interoperculum, auf dem sich mehr oder weniger stark ausgeprägte Stacheln (Odontoden) befinden.  Bei einigen Harnischwelsen sind diese Interopercular-Odontoden sehr  kräftig und gebogen, bei anderen lang, gerade und dünn. In der Regel hat  fast jeder, der solche Fische pflegt, schon mal Kontakt mit diesen Stacheln gehabt. Denn wenn man einen Ancistrinen mit dem Kescher aus dem  Aquarium herausfangen will, so stülpen die Tiere zumeist ihren  Zwischenkiemendeckel hervor und bleiben mit den Stacheln unweigerlich im Netz hängen.

Bild 5: Hypancistrus zebra
in Laichhöhle

Bei den Vertretern der Unterfamilie Ancistrinae handelt  es sich ausnahmslos um Höhlenbrüter, bei denen das Männchen einen Gelegeklumpen aus verhältnismäßig wenigen, 2,5 - 5 mm großen, weißlichen oder gelben Eiern bis zum Schlupf der Jungfische betreut. Diese sind jedoch auch nach dem Schlupf noch nicht sofort selbständig. Die Larven der  meisten Arten besitzen zunächst noch einen riesigen Dottersack von dem sie  einige Tage lang zehren. Bis dahin verbleiben sie noch beim Männchen in der Bruthöhle.

Bild 6: Ancistrus-Männchen-Kopfportrait

Damit man überhaupt eine Chance auf einen Zuchterfolg  hat, müssen zunächst einmal Tiere beiderlei Geschlechts vorhanden sein.  Nun könnte man sich einfach eine kleine Gruppe kaufen und man hätte mit  großer Wahrscheinlichkeit beide Geschlechter dabei. Da jedoch einige  Harnischwelse nicht ganz billig sind, wird man sich in der Regel nicht mehr als 2-3 Tiere leisten und somit kommt der Erkennung der Geschlechter eine große Bedeutung zu. Nun, so einfach wie bei den Ancistrus-Arten  lassen sich die Geschlechter leider bei den anderen Ancistrinen nicht  erkennen. Den männlichen Ancistrus wachsen im Alter zahlreiche tentakelartige Hautauswüchse auf dem Kopf. Die Weibchen besitzen bei den  meisten Arten nur um den Schnauzenrand herum kleine Fortsätze.

Bild 7: Frontalansicht L66-Männchen

Bei den Vertretern anderer Gattungen sind zwar keine Tentakeln vorhanden, dafür gibt es jedoch zahlreiche andere sekundäre Geschlechtsdimorphismen, die einem eine sichere Unterscheidung, was ein Männchen und was ein Weibchen ist, erlauben. Bei den Harnischwelsen gibt es vor allem im Odontodenbewuchs Unterschiede zwischen den Geschlechtern.  Bei der Untersuchung dieser Odontoden (Hautzähnchen, Stacheln, Borsten  oder wie man sie auch immer nennen will) auf der Körperoberfläche stellte man fest, daß es sich um verkalkte konische Gebilde handelt, die den  Kieferzähnen sehr stark ähneln. Die Odontoden (Hautzähnchen, Stacheln, Borsten oder wie man sie auch immer nennen will) sind bei den Harnischwelsen auf den Knochenplatten des gesamten Körpers, auf allen  Flossenstrahlen und auf der äußeren Oberfläche der Schädelknochen angeordnet. Die Oberfläche fühlt sich dadurch, wie die Haut der Haifische,  sehr rauh an. Die Ausprägung solcher Odontoden ist von Art zu Art  verschieden.

Bild 8: Porträt von L66 mit  kräftigen
Interopercular-Odontoden

Verlängerte Odontoden zeigen viele Loricariiden im Kopfbereich, auf dem Brustflossenstachel und auf dem Rücken und Hinterkörper. Bei den Männchen mancher Arten kommt es besonders zur Fortpflanzungszeit zu einer verstärkten Ausprägung solcher Odontoden.  Besonders die Interopercular-Odontoden sind bei den meisten adulten  männlichen Ancistrinen länger als die der Weibchen. Bei einigen Arten  schauen große Büschel solcher Stacheln hinter dem vorderen Kiemendeckel  hervor. Wir sehen hier den Kopf eines ausgewachsenen Männchens des  Harnischwelses L66, der sehr kräftige Interopercular-Odontoden besitzt.

Bild 9: Vorderteil vom männlichen
Dekeyseria scaphirhyncha

Auch auf dem verknöcherten, vorderen Brustflossenstrahl,  dem Pectoralstachel, befinden sich zahlreiche nach vorne gerichtete Hautzähnchen, die jedoch von Art zu Art und häufig abhängig vom Geschlecht unterschiedlich stark ausgebildet sein können. Dieses kurz nach dem Fang  fotografierte Männchen von Dekeyseria scaphirhyncha aus dem Rio Tefé in  Brasilien hatte eine außerordentlich kräftige Pectoral-Bestachelung. Die ebenso großen Weibchen waren nur andeutungsweise bestachelt.

Bild 10: Peckoltia sp., bestacheltes
Männchen und Weibchen

Bei einigen Gattungen, wie z.B. Peckoltia, Panaque und Hypancistrus, wachsen den fortpflanzungsbereiten Männchen verlängerte Hautzähnchen auf den Knochenplatten des Hinterkörpers. Bei diesem Pärchen einer noch unbestimmten Peckoltia-Art aus Nordost-Brasilien kann man den Geschlechtsunterschied sehr leicht erkennen. Aber so extrem wie bei einigen Peckoltia- und Panaque-Arten ist die Ausprägung von Odontoden auf dem Hinterkörper nur selten. Viele Harnischwels-Männchen bilden dort viel kürzere, haarfeine Hautzähnchen aus, die man oft nur dann sieht, wenn man die Tiere im richtigen Winkel anschaut, so daß das Licht von ihnen  reflektiert wird.

Bild 11: Männchen von
Corymbophanes  bahianus

Es gibt einige ganz extreme Beispiele sekundärer Geschlechtsdimorphismen. Eine Art, bei der auch der Unbedarfte sofort den  Unterschied zwischen Männlein und Weiblein herausfinden würde, ist zum Beispiel Corymbophanes bahianus. Bei diesem Harnischwels sind die Kopfseiten der männlichen Exemplare verbreitert und mit kräftigen Borsten  versehen. Außerdem ist der Brustflossenstachel der Männchen extrem strark  verdicht und ebenfalls bestachelt. Wenn es doch immer so einfach wäre!

Bild 12: Genitalpapille des  Panaque
vermiculatus-Weibchens

Wem das noch nicht genügt, der muß schließlich die Lupe zur Hand nehmen und die Geschlechtsorgane der Tiere betrachten. Die  Genitalpapille vieler Harnischwelsweibchen ist, wie hier zu sehen ist, zylindrisch und stumpf zulaufend, die der Männchen dagegen kleiner und  spitzer.

Bild 13: Zuchtbecken

Haben wir uns geeignete Tiere für die Zucht ausgesucht,  so kommt nun der nächste wichtige Schritt: die Auswahl und Einrichtung des  Zuchtbeckens. Dabei heißt es: je größer desto besser. Aber auch in kleineren Aquarium ab einer Größe von 60 Litern lassen sich bereits einige Arten züchten. Sicherlich steigt jedoch die Aussicht auf einen Zuchterfolg, gerade bei den größeren Arten, mit der Beckengröße. Die  Einrichtung kann spartanisch gehalten werden. Einige  übereinandergeschichtete Steinplatten und Hölzer sollten jedoch als Minimaleinrichtung vorhanden sein. Bodengrund und Wasserpflanzen können notfalls weggelassen werden. Wem allerdings auch die optische Seite eines  solchen Beckens wichtig ist, der sollte darauf nicht verzichten müssen,  zumal beides sicherlich für stabilere Wasserverhältnisse sorgt.

Bild 14: Osmose-Anlage

Und da sind wir auch schon beim Wasser. Die reine  Vermehrung ancistriner Harnischwelse gelingt bei den meisten Arten allein schon im mittelharten, leicht alkalischem Leitungswasser. Auch für die Aufzucht ist weiches Wasser (es muß nicht angesäuert sein) nicht unbedingt  nötig. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, daß die Tiere darin wesentlich gleichmäßiger aufwachsen und ich längst nicht so viele Verluste  bei der Aufzucht habe. Und es ist nicht auszuschließen, daß einige "harte  Nüsse" vielleicht im weichen Wasser viel eher zu knacken, d.h. zum  Ablaichen zu bewegen sind. Für einige Schwarzwasserbewohner, z.B. für viele Rio-Negro-Arten, ist ohnehin weiches Wasser auch bei der reinen Pflege zu empfehlen. Man muß für sich selbst entscheiden, ob man weiches Wasser, wie hier zu sehen, über eine Osmose-Anlage oder über einen Vollentsalzer erzeugt. In einigen Gegenden kann man sicherlich auch auf  Regen- oder Quellwasser zurückgreifen.

Bild 15: Filterung

Der Filterung kommt ein viel größerer Stellenwert als dem  Wasserchemismus zu. Der ganze Körperbau der Harnischwelse ist an ein Leben in fließenden Gewässern angepaßt. Deshalb ist es von Vorteil, durch eine kräftige Filterung im Aquarium für eine gewisse Strömung zu sorgen.  Wieviel Wasserbewegung man zur Zucht einer bestimmten Art benötigt, kann  nicht so ohne weiteres vorausgesagt werden. Das ist sicherlich von Art zu Art und vielleicht sogar von Tier zu Tier verschieden. Meine L66 begannen  beispielsweise zwei Jahre nacheinander jedesmal erst dann mit dem  ablaichen, nachdem ich im 120x50x30 cm großen Zuchtbecken zusätzlich zu  den beiden 600 Liter Wasser pro Stunde fördernden Strömungspumpen noch  eine dritte installierte.

Bild 16: Bezahnung Peckoltia sp.

Nur gut konditionierte Fische sind zur Fortpflanzung zu bewegen. Deshalb kommt der richtigen Ernährung bei der Harnischwels-Zucht ebenfalls eine entscheidende Bedeutung zu. Die Anzahl, Form und Anordnung  der Zähne geben Aufschluß über die Ernährungsweise der Tiere. Viele Harnischwelse ernähren sich in der Natur von Aufwuchs (Periphyton), den  sie mit ihren kammähnlichen Zahnreihen vom Substrat (Steine, Holz)  abschaben. Bei den Aquarianern sind diese Arten besonders beliebt, da sie die Einrichtungsgegenstände und Scheiben des Aquariums vom lästigen Grünalgenbewuchs befreien. Da sich im Aqaurium wohl kaum genügend Algen  entwickeln, um damit den Bedarf der Tiere an vegetarischer Kost zu decken,  muß in Form von Gemüse oder Grünfuttertabletten zugefüttert werden. Aber es handelt sich nicht um reine Vegetarier. Die meisten gängigen Futtermittel werden ebenfalls gut angenommen.

 

 

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